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Der aktuelle Status quo der Digitalisierung in der Lackindustrie ist noch dürftig – das technische, ökonomische und ökologische Potenzial ist jedoch hoch 

Von Wolfram Keller (korrespondierender Autor), Ulf Stalmach, Ralph Wörheide, Juni 2023

Gesellschaft und Industrie, darunter auch die Chemie- und Lackindustrie, stehen vor großen Herausforderungen, insbesondere Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Nur wenige kleine und mittelständische Unternehmen der Lackindustrie, KMUs, haben sich bisher an die Aufgabe der nachhaltigen Digitalisierung bzw. digitalen Nachhaltigkeit gewagt. Sie verfügen oft nicht über die Kompetenzen, Erfahrungen und Ressourcen großer Chemieunternehmen, die Mitte der 2010er Jahre damit begonnen haben.  

Andere Branchen sind jedoch viel schneller und fortschrittlicher als die chemische Industrie, zu der die Lackindustrie gehört. Vorreiter der Digitalisierung in Deutschland sind die IKT- und die Automobilindustrie. In den letzten drei Jahren lag ihr Digitalisierungsindex konstant deutlich über dem der chemischen Industrie und der Lackindustrie.  

Abbildung A1: Position der “Chemischen Industrie” und der “Sonstigen verarbeitenden Industrie” inkl. Lackhersteller im Verhältnis zu den Vorreitern in der Digitalisierung zwischen 2020 und 2022 

Dies birgt eine große Chance für den Digitalisierungsansatz von Lackherstellern, wenn sie mit Unternehmen zusammenarbeiten, die in diesem Bereich stark sind. Allgegenwärtige Silos und mangelnde Kooperationsbereitschaft sind in vielen Unternehmen der Lackindustrie große Hürden für die Digitalisierung.  

Bisher ist das “Mantra der Lackindustrie” das stillschweigende, oft über Jahrzehnte erworbene Wissen von Lacktechnikern und Chemikern sowie streng geheime Rezepturen. Behutsamer Schutz von Know-how, zeit-, arbeits- und kostenintensive Prozesse und das Zögern bei der Einführung von Technologien, die sich in anderen Branchen bewährt haben, führen zu betrieblichen Ineffizienzen. Sowohl die chemische Industrie als auch die Lackindustrie sind klassische Fertigungs- und Verarbeitungsindustrien, die die produktzentrierte “Old Economy” repräsentieren.   

Dieser Artikel ist der erste von sechs unserer Serie über nachhaltige Digitalisierung in der Lackindustrie, das Konzept einer Smart Paint Factory und die Smart Paint Factory Alliance, SPFA