Am 13. und 14.06. veranstaltet die Smart Paint Factory Alliance die nächste Workference beim Fraunhofer Institut IFAM in Bremen.

Es wartet ein spannendes Programm auf Sie, melden Sie sich heute noch an!

Von Wolfram Keller (Kontakt), Ulf Stalmach, Ralph Wörheide

Heutzutage entwickeln Rohstoff- und Farbenhersteller Formulierungen auf Basis ihres ihnen bekannten Rohstoffportfolios. Diese Produkte sind nur für ein oder wenige Marktsegmente und Anwendungen bestimmt. Kunden prüfen schließlich, wie weit das Produkt ihren Anforderungen entspricht. Insbesondere bei globalen Formulierungen wird ein einmal entwickeltes Produkt oft zentral hergestellt und weltweit vertrieben, da Rohstoffe in der Regel nicht in allen Regionen in gleicher Qualität verfügbar und die Produktqualität an den verschiedenen Produktionsstandorten oft nicht identisch sind.  

In Zukunft wird ein Kunde nicht mehr nur Produktspezifikationen, sondern Anforderungsprofile definieren, die den gewünschten Effekt der beschichteten Oberfläche in den Vordergrund stellen. Das erfordert ein besseres Verständnis von Parametern der Anwendung, der Eigenschaften des Lacks und der ihm zugrunde liegenden Fertigungs- und Materialeigenschaften. 

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein potenzielles Werkzeug, um mehrere alternative Optionen zur Erfüllung des Anforderungsprofils des Kunden vorzuschlagen. Diese Optionen basieren auf einem ständig wachsenden Datenbestand zu Herkunft, Qualität, spezifizierten und derzeit noch nicht bekannten oder spezifizierten Eigenschaften der Rohstoffe und deren Auswirkungen auf den Herstellungsprozess, die Ausrüstung und die Anwendung. 

Nicht alle anfallenden, aber alle für diesen Zweck relevanten Daten müssen die gesamte Wertschöpfungskette abdecken, vom Rohstofflieferanten über Lackhersteller und Anwender bis zum Recyclingunternehmen – und zurück. Diese Datenschleifen mit ausreichend vielen, relevanten Daten stellen die Qualität valider Prognosen auf Basis maschinellen und tiefgehenden Lernens sicher.  

Smarte Unternehmen in anderen Branchen nutzen heute schon alle Arten vernetzter technischer, kommerzieller und regulatorischer Informationen, um Services, Produkte, Produktionsstandorte und CO2-Fußabdruck sowie die Gesamtbetriebskosten zu definieren und verbessern. Lack- und Farbenhersteller können in ähnlicher Weise profitieren, indem sie genauso konsequent Daten sammeln, archivieren, nutzen und – vor allem teilen, also „smart“ denken und handeln.

Abbildung D5: Zentralisierte Produktentwicklungsschleifen mit KI und Simulationen, die kürzere Markteinführungszeiten und dezentralisierte Produktion globaler Rezepturen ermöglichen

Durch die Kombination von KI-gestützten Vorhersagen, Simulationen und Design-of-Experiment 2.0 können Produktentwicklungszyklen und die Erfüllung von Kundenanforderungen drastisch verkürzt werden. Die Vorteile für den Betrieb sind kürzere Lieferzeiten, niedrigere Gesamtbetriebskosten, ein geringerer Ressourcenverbrauch und CO2-Fußabdruck bei höherer Kundenzufriedenheit, z. B. durch die Dezentralisierung von Rohstoffbeschaffung und Produktion, selbst für „globale Rezepturen“.

Dieser Artikel ist der vierte von sechs unserer Serie über nachhaltige Digitalisierung in der Lackindustrie, das Konzept einer Smart Paint Factory und die Smart Paint Factory Alliance, SPFA

Von Wolfram Keller (Korrespondenzautor), Ulf Stalmach, Ralph Wörheide

Alle Branchen, einschließlich der Beschichtungsindustrie und ihrer Peripherie, sind derzeit mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, z. B. Rohstoffknappheit, Green Deal, neues Gesetz zur Transparenz der Lieferkette und Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Lösungen für die Herausforderungen werden die Wertschöpfungsketten und Ökosysteme der Beschichtungsunternehmen in mehrfacher Hinsicht verändern. Produktentwicklung, -beschaffung, -formulierung, -anwendung und -recycling werden viel besser nachvollziehbar und transparent. Ohne entsprechende Automatisierung und Digitalisierung gibt es keine Möglichkeit, nachhaltig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Hinzu kommt, dass die Anforderungen an Transparenz und Berichterstattung in Bezug auf die Lieferkette, den CO2-Fußabdruck und die Produktsicherheit zunehmen und qualifizierte Ressourcen, z. B. Labortechniker, Datenanalysten und Wissenschaftler, knapp sind.  Es ist unwahrscheinlich, dass ein einzelnes Unternehmen all diese Herausforderungen allein und rechtzeitig bewältigen kann. Die Bündelung der Kräfte ist eine gute Option. Durch die gemeinsame Nutzung von Daten können Lackunternehmen kontinuierliche Informationsschleifen von Produkten, Dienstleistungen und Anwendungen aus der gesamten Wertschöpfungskette aufbauen. Dies ist erforderlich, um fortschrittliches maschinelles Lernen, Modelle und Simulationen zu ermöglichen.

Das Konzept der Smart Paint Factory konzentriert sich auf die Datenintegration innerhalb von und zwischen Unternehmen. Die Beteiligten müssen offen für den Informationsaustausch sein und eine schnelle und integrierte Datenkommunikation in der gesamten Wertschöpfungskette organisieren.

Anzahl und Intensität der Kooperationen mit Partnern, deren Kompetenzen und Ressourcen die des Lackherstellers ergänzen, werden stark zunehmen. Um die daraus resultierende Informationsflut zu beherrschen und einen Mehrwert zu schaffen, ist eine Smart Paint Factory eine attraktive Option, die allerdings zwei Dinge voraussetzt. Erstens müssen die Unternehmen ihre Datenmanie überwinden. Die interne, funktionsübergreifende gemeinsame Nutzung von Daten und Informationen ist heute in vielen Lackfirmen ein großes Problem. Das Problem wird sichtbar, wenn erfahrene Lacktechniker oder Chemiker in den Ruhestand gehen und ihr implizites, nie dokumentiertes Wissen mit ihnen verloren geht. An einen unternehmensübergreifenden Datenaustausch mit Lieferanten und Kunden ist heute kaum zu denken. Zu sehr wird auf Know-how als Alleinstellungsmerkmal gesetzt und personengebundenes Wissen trotz der Verfügbarkeit sicherer IT-Systeme aufrechterhalten. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) ist eine attraktive Methode, deren Deep-Learning-Modelle jedoch ein hohes Volumen an verlässlichen Daten benötigen. Diese kritische Menge an Daten entlang der Wertschöpfungskette kann nicht von einem Unternehmen (Rohstoffhersteller, Lackhersteller, Anwender) allein gesammelt werden.

Abbildung C1: Entwicklung von zunehmend datenbasierten Geschäftsmodellen während des Übergangs von Lackfirmen von Old Economy zu New Economy

Zweitens müssen Beschichtungsunternehmen bereit sein, ihr hauptsächlich produktorientiertes Geschäftsmodell um Schlüsselelemente digitaler Geschäftsmodelle zu erweitern. Das Geschäft von Unternehmen der New Economy hängt in hohem Maße von der Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien zur Wertschöpfung und Umsatzgenerierung ab.

In datengesteuerten Geschäftsmodellen werden Daten gesammelt, strukturiert und analysiert, um jede Art von geschäftsbezogener Entscheidung zu treffen, z.B. zur Optimierung von Prozessen, neuen Angeboten oder strategischen Optionen.

Datenzentrierte Geschäftsmodelle definieren, wie neue/andere Arten von Daten das Geschäft unterstützen und neue, vor allem digitale Angebote schaffen können. Datenzentrierte Geschäftsmodelle gehen über die Vorteile der anderen Geschäftsmodelle hinaus, sind aber nicht auf Lackunternehmen mit einem starken Schwerpunkt auf physischen Produkten anwendbar.

Jedes Unternehmen wird sein eigenes “hybrides” Geschäftsmodell finden müssen, je nachdem, wie stark das physische Kerngeschäft, d.h. Farben und beschichtete Oberflächen, erhalten bleiben soll und wie sehr es durch Automatisierung und Digitalisierung optimiert bzw. weiterentwickelt werden soll.

Dieser Artikel ist Teil unserer Serie über nachhaltige Digitalisierung in der Lackindustrie, das Konzept der Smart Paint Factory und die Smart Paint Factory Alliance, SPFA

Von Wolfram Keller (korrespondierender Autor), Ulf Stalmach, Ralph Wörheide

Ein Unterschied zwischen der “New Economy” und ihrem Vorgänger ist die Verschiebung der Wertschöpfung. Die Herstellung und der Verkauf von physischen Produkten wie Farben und Lacken wird mehr und mehr durch virtuell hergestellte und angewandte Produkte und Dienstleistungen ersetzt. Ein weiterer Unterschied ist die sogenannte Taktrate. Der Begriff beschreibt die Geschwindigkeit, mit der sich ein Unternehmen auf Veränderungen einstellen kann  und wird durch die Wettbewerbsintensität und die Geschwindigkeit der Entwicklung von Schlüsseltechnologien, z.B. der Digitalisierung, bestimmt.   

Abbildung B1: Entwicklung des jährlichen Datenvolumens als Indikator für die Taktfrequenz der IT-Branche und Treiber digitaler, datengetriebener und datenzentrierter Geschäftsmodelle 

Die Entwicklung der IT, gemessen am gesamten Datenvolumen pro Jahr, ist dramatisch. Das weltweite Datenvolumen verdoppelt sich ca. alle 2 Jahre. Die Zettabyte-Ära (1021 Bytes) begann um 2010, erreichte bis 2020 80 ZB und wird bis 2025 voraussichtlich ca. 175 ZB betragen. Das jährliche Datenvolumen wird bereits im Jahr 2030 in Yottabyte (1024 Bytes), wenn nicht sogar in Brontobytes (1027 Bytes) gemessen.  

Die Zyklen in der Lackindustrie sind um ein Vielfaches länger als in der IT-Branche. Je größer und schneller die Automatisierung und Digitalisierung voranschreitet, desto größer wird die Schere zwischen Unternehmen der “Old Economy” und Unternehmen der “New Economy” mit digitalen, datengetriebenen und datenzentrierten Geschäftsmodellen. Die produktzentrierten Geschäftsmodelle der Lackhersteller waren in der “Old Economy” das Mittel der Wahl. Das massive Wachstum von Daten und der gestiegene Bedarf, diese mit Lieferanten, Kunden und der Peripherie zu teilen, werden eine schnellere und wirtschaftlich überlegene Produktentwicklung und Lieferung physischer Produkte wie Farben und Beschichtungen ermöglichen.  

Abbildung B2: Schematische Darstellung der Taktfrequenz der Beschichtungsindustrie;  Verkürzung der Epochendauer von Jahrhunderten auf Jahrzehnte bis zum Aufkommen der New Economy 

Aufgrund des “physischen Rückgrats” von Farben und Lacken wird ein vollständig ausgereiftes, rein datengetriebenes oder gar datenzentriertes Geschäftsmodell jedoch nicht das Modell der Wahl für Rohstofflieferanten, Lackhersteller und Antragsteller sein.  

Dieser Artikel ist der zweite von sechs unserer Serie über nachhaltige Digitalisierung in der Lackindustrie, das Konzept einer Smart Paint Factory und die Smart Paint Factory Alliance, SPFA 

Von Wolfram Keller (korrespondierender Autor), Ulf Stalmach, Ralph Wörheide, Juni 2023

Gesellschaft und Industrie, darunter auch die Chemie- und Lackindustrie, stehen vor großen Herausforderungen, insbesondere Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Nur wenige kleine und mittelständische Unternehmen der Lackindustrie, KMUs, haben sich bisher an die Aufgabe der nachhaltigen Digitalisierung bzw. digitalen Nachhaltigkeit gewagt. Sie verfügen oft nicht über die Kompetenzen, Erfahrungen und Ressourcen großer Chemieunternehmen, die Mitte der 2010er Jahre damit begonnen haben.  

Andere Branchen sind jedoch viel schneller und fortschrittlicher als die chemische Industrie, zu der die Lackindustrie gehört. Vorreiter der Digitalisierung in Deutschland sind die IKT- und die Automobilindustrie. In den letzten drei Jahren lag ihr Digitalisierungsindex konstant deutlich über dem der chemischen Industrie und der Lackindustrie.  

Abbildung A1: Position der “Chemischen Industrie” und der “Sonstigen verarbeitenden Industrie” inkl. Lackhersteller im Verhältnis zu den Vorreitern in der Digitalisierung zwischen 2020 und 2022 

Dies birgt eine große Chance für den Digitalisierungsansatz von Lackherstellern, wenn sie mit Unternehmen zusammenarbeiten, die in diesem Bereich stark sind. Allgegenwärtige Silos und mangelnde Kooperationsbereitschaft sind in vielen Unternehmen der Lackindustrie große Hürden für die Digitalisierung.  

Bisher ist das “Mantra der Lackindustrie” das stillschweigende, oft über Jahrzehnte erworbene Wissen von Lacktechnikern und Chemikern sowie streng geheime Rezepturen. Behutsamer Schutz von Know-how, zeit-, arbeits- und kostenintensive Prozesse und das Zögern bei der Einführung von Technologien, die sich in anderen Branchen bewährt haben, führen zu betrieblichen Ineffizienzen. Sowohl die chemische Industrie als auch die Lackindustrie sind klassische Fertigungs- und Verarbeitungsindustrien, die die produktzentrierte “Old Economy” repräsentieren.   

Dieser Artikel ist der erste von sechs unserer Serie über nachhaltige Digitalisierung in der Lackindustrie, das Konzept einer Smart Paint Factory und die Smart Paint Factory Alliance, SPFA 

Die Ähnlichkeit unseres Vereins und der jährlichen Leitveranstaltung zur Digitalisierung in der Prozessindustrie ist kein Zufall. Am 13. und 14. September 2023 liegt ein gemeinsam vereinbarter Schwerpunkt des  https://www.smart-process-manufacturing.de/ auf der mittelständischen Farben- und Lackindustrie. Vertreter unserer Mitglieder Hemmelrath Technologies und ORONTEC GmbH & Co. KG werden bei der Podiumsdiskussion, geleitet von unserem Vorsitzenden Wolfram Keller, eine tragende Rolle einnehmen

Für Mitglieder, Partner und Interessenten der SPFA gibt es großartige Sonderkonditionen von bis zu 75% Rabatt. Das ist ein prima Zeichen der Vogel Communication Group an den Mittelstand, sich dem Thema nachhaltige Digitalisierung zu nähern – dem Anliegen der Smart Paint Factory Alliance. Wann wurde der Einstieg in die nachhaltige Digitalisierung bisher so attraktiv gestaltet?!

Die Smart Paint Factory Alliance e.V. konnte sich auf der European Coatings Show 2023 erfolgreich präsentieren! Dank der Unterstützung der Firma ORONTEC, dem Fraunhofer IFAM, dem Europäischen Zentrum für Dispersionstechnologie und dem Verband der Ingenieure des Lack- und Farbenfaches (VILF), konnte die SPFA auf insgesamt vier Ständen Präsenz zeigen und zahlreiche Interessenten gewinnen, die sich der Alliance anschließen wollen. Neue Mitglieder wurden gewonnen, aktuelle Themen diskutiert und Ideen für Projekte entwickelt.

Die Gründer der Smart Paint Factory Alliance

Am 28.03.2022 wurde die Smart Paint Factory Alliance gegründet. Die Gründungsmitglieder sind (von links nach rechts) Vorstandsmitglied Ralph J. Wörheide (ORONTEC), Dr.- Ing. Felipe Wolff Fabris (SKZ), Meiko Hecker (AOM Systems), Vorstandsmitglied Ulf Stalmach (ORONTEC), Christian Schmitz (HSNR), Vorsitzender Dr. Wolfram Keller (Wolfram Keller Professional Services), Sven Thomsen (Hesse), Vorstandsmitglied Jost Göttert (HSNR).Ziel der Allianz ist es, die Digitalisierung in der Lackindustrie voranzutreiben und zu orchestrieren, um eine nachhaltige Zukunft zu ermöglichen, ohne an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Dies wird durch einen ganzheitlichen Ansatz erreicht, der die gesamte Wertschöpfungskette der Lackindustrie umfasst, wie bereits auf der Arbeitskonferenz am 28. und 29. März 2022 in Krefeld gezeigt wurde.