“New Economy” und Digitalisierung entwickeln sich seit den 1990er Jahren steil weiter – es ist an der Zeit, dass die Lackindustrie aufholt 

Von Wolfram Keller (korrespondierender Autor), Ulf Stalmach, Ralph Wörheide

Ein Unterschied zwischen der “New Economy” und ihrem Vorgänger ist die Verschiebung der Wertschöpfung. Die Herstellung und der Verkauf von physischen Produkten wie Farben und Lacken wird mehr und mehr durch virtuell hergestellte und angewandte Produkte und Dienstleistungen ersetzt. Ein weiterer Unterschied ist die sogenannte Taktrate. Der Begriff beschreibt die Geschwindigkeit, mit der sich ein Unternehmen auf Veränderungen einstellen kann  und wird durch die Wettbewerbsintensität und die Geschwindigkeit der Entwicklung von Schlüsseltechnologien, z.B. der Digitalisierung, bestimmt.   

Abbildung B1: Entwicklung des jährlichen Datenvolumens als Indikator für die Taktfrequenz der IT-Branche und Treiber digitaler, datengetriebener und datenzentrierter Geschäftsmodelle 

Die Entwicklung der IT, gemessen am gesamten Datenvolumen pro Jahr, ist dramatisch. Das weltweite Datenvolumen verdoppelt sich ca. alle 2 Jahre. Die Zettabyte-Ära (1021 Bytes) begann um 2010, erreichte bis 2020 80 ZB und wird bis 2025 voraussichtlich ca. 175 ZB betragen. Das jährliche Datenvolumen wird bereits im Jahr 2030 in Yottabyte (1024 Bytes), wenn nicht sogar in Brontobytes (1027 Bytes) gemessen.  

Die Zyklen in der Lackindustrie sind um ein Vielfaches länger als in der IT-Branche. Je größer und schneller die Automatisierung und Digitalisierung voranschreitet, desto größer wird die Schere zwischen Unternehmen der “Old Economy” und Unternehmen der “New Economy” mit digitalen, datengetriebenen und datenzentrierten Geschäftsmodellen. Die produktzentrierten Geschäftsmodelle der Lackhersteller waren in der “Old Economy” das Mittel der Wahl. Das massive Wachstum von Daten und der gestiegene Bedarf, diese mit Lieferanten, Kunden und der Peripherie zu teilen, werden eine schnellere und wirtschaftlich überlegene Produktentwicklung und Lieferung physischer Produkte wie Farben und Beschichtungen ermöglichen.  

Abbildung B2: Schematische Darstellung der Taktfrequenz der Beschichtungsindustrie;  Verkürzung der Epochendauer von Jahrhunderten auf Jahrzehnte bis zum Aufkommen der New Economy 

Aufgrund des “physischen Rückgrats” von Farben und Lacken wird ein vollständig ausgereiftes, rein datengetriebenes oder gar datenzentriertes Geschäftsmodell jedoch nicht das Modell der Wahl für Rohstofflieferanten, Lackhersteller und Antragsteller sein.  

Dieser Artikel ist der zweite von sechs unserer Serie über nachhaltige Digitalisierung in der Lackindustrie, das Konzept einer Smart Paint Factory und die Smart Paint Factory Alliance, SPFA